Streit um das Bienensterben spaltet Imker

Seit Jahren klagen die Imker über ein rätselhaftes Bienensterben. Eine Studie macht ein Pestizid im Maisanbau mitverantwortlich. Doch ob es verboten werden soll, sind selbst die Imker uneinig.

Die Aussagen wirbeln ordentlich (Blüten-)Staub auf. Immerhin bestätigt nun die Forschung, was Grüne und Imker seit Jahren behaupten: Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Bienensterben in Österreich und den Beizmitteln, die die Bauern beim Maisanbau verwenden. Das ist der Kern einer groß angelegten Studie mit dem klingenden Titel „Melissa“, die die österreichische Gesundheitsagentur Ages präsentierte.

Die Forschungsergebnisse, sogar mitfinanziert von der Pflanzenschutzindustrie, sind neues Feuer im schwelenden Streit um den Schutz der Bienen. Seit Jahren beobachten die Imker ungewöhnliche Verluste bei ihren Bienenvölkern. Mitverantwortlich dafür soll das Pestizid Clothianidin aus dem Hause Bayer sein, das auf den Feldern gegen den Maiswurzelbohrer eingesetzt wird. Vor allem in der West- und Südsteiermark konnten die Experten Bienenschäden durch das Beizmittel nachweisen.

Die Grünen und der Imkerbund fordern nun, das Mittel zu verbieten. Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich habe es seit Jahren verabsäumt, wirksame Maßnahmen gegen das Bienensterben zu setzen, kritisiert der grüne Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber und verweist auf Deutschland und Italien, wo das Präparat bereits untersagt sei. „Das Forschungsergebnis bestätigt unsere Forderung nach einem Verbot“, sagt Johann Watschka, Präsident der österreichischen Imker.

Da hat er die Rechnung allerdings ohne seine steirischen Kollegen gemacht. Denn just in der Grünen Mark, wo das Beizmittel laut Studie hohe Schäden verursachen soll, halten die Imker von einem Verbot herzlich wenig. „In Wahrheit gibt es überhaupt keinen klaren Zusammenhang zwischen dem Mittel und den Verlusten bei den Imkern“, sagt der steirische Imkerbundpräsident Maximilian Marek. Zwar würden die Pestizide den einen oder anderen Schaden bei den Flugbienen im Frühjahr verursachen. „Die großen Ausfälle beobachten wir aber bei den Winterbienen, die im Stock die nächste Generation heranpflegen. Dafür können die Beizmittel schlecht verantwortlich sein.“ Panikmache, meint Marek, sei jedenfalls ein schlechtes Rezept.

Ähnlich sieht das der Leibnitzer Imker-Obmann Rudolf Sackl. „Solche enormen Schäden wie in den letzten Jahren hat es früher nie gegeben. Aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass daran nur das Beizmittel schuld sein soll.“

Karl Crailsheim, Bienenexperte am Institut für Zoologie an der Grazer Uni, bestätigt, dass es in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich hohe Schäden bei den Bienenvölkern gab. Der Auslöser dafür sei unbekannt. „Es wird wohl eine Fülle an Ursachen sein wie die schädliche Varroamilbe, die Beizmittel, die Witterung und anderes.“ Von einem massiven Verlust an Bienen wie in den USA könne in Österreich aber ohnehin keine Rede sein.

Die Landwirtschaft hat dennoch reagiert. Seit heuer gilt für die Maisbauern eine verpflichtende Fruchtfolge, die den Maiswurzelbohrer zurückdrängen und den Pestizideinsatz vermindern soll. Der Fruchtwechsel muss jedoch erst im vierten Jahr erfolgen, was man beim Verein „Biene Österreich“ als „verwässerte Lösung“ geißelt. Ein Ende des Streits ist nicht im Anflug.

GÜNTER PILCH:“Streit um das Bienensterben spaltet Imker“.In:Kleine Zeitung.Stand21.3.2012.http://www.kleinezeitung.at/steiermark/graz/graz/2977059/streit-um-bienensterben-spaltet-imker.story

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