Der Kampf gegen Varroamilben wird um ein Werkzeug erweitert: Ein Wiener TU-Forscher entwickelte den „Varroa-Controller“, der die Bienenbrut gerade so weit erwärmt, dass den Bienen nichts geschieht.
Bekämpfe deinen Feind rechtzeitig.“ Das sei seine zentrale Botschaft, sagt Wolfgang Wimmer und blickt auf einen 90 mal 65 mal 65 Zentimeter großen gelben Kasten: auf seine Entwicklung, den Varroa-Controller. Der angesprochene „Feind“ ist im ausgewachsenen Zustand eine 1,4 bis 1,6 Millimeter große Milbe. Die Bekämpfung dieser Varroamilbe gehört zur unumgänglichen Arbeit im Jahresablauf eines Imkers. Wer sie unterlässt, muss mit dem Absterben des Bienenvolkes rechnen. Wer die Milbenbekämpfung durchführt, ist auch nicht vor dem Ausfall des einen oder anderen Volkes gefeit.
Wimmer bietet nun das Gerät für eine neue Behandlungsmethode an, die gegenüber der herkömmlichen Bekämpfung mit Chemikalien einen großen Vorteil hat: Sie kann zu jeder Zeit, in jedem Stadium des Bienenjahres eingesetzt werden, ohne dass die Wachsqualität und der produzierte Honig Schaden nehmen.
Die Varroamilbe wurde aus Ostasien eingeschleppt und ist seit Anfang der 1980er-Jahre Faktum in der europäischen Bienenhaltung. Knapp zehn Jahre später publizierte der Tübinger Biologe Wolf Engels die Möglichkeit, die Varroose mittels „Hyperthermie“ zu bekämpfen, also durch Abtötung der Milben mittels Überwärmung. Das Gerät dazu entwickelte jetzt der Maschinenbauingenieur Wolfgang Wimmer (45), an der TU Wien Leiter des Forschungsbereiches für umweltgerechte Produktgestaltung (Institut für Konstruktionswissenschaften und Technische Logistik) und Chef der von ihm gegründeten Ecodesign company GmbH. In das entwickelte Gerät werden die einzelnen bienenfrei gemachten Brutrahmen aus einem Bienenstock eingehängt. Das Um und Auf ist die programmgesteuerte Erwärmung bis zu der Temperatur – die rund zwei Stunden gehalten wird –, bei der die Milbe Hitzeschockproteine ausbildet und daran stirbt, die Bienenbrut aber überlebt.
Wichtig ist der Unterschied zur herkömmlichen Behandlung. Das befruchtete Milbenweibchen lässt sich ab Brutbeginn kurz vor der „Verdeckelung“ in der Zelle einer Bienenwabe einschließen, in dieser produziert sie zuerst einen Sohn, dann mehrere Töchter. Diese vermehren sich durch Geschwisterpaarung und saugen die Hämolymphe (Blut) der Bienenlarve. Die werdende Biene wird dabei geschädigt, es kommt zur Übertragung von Viren. Die herkömmliche Varroabehandlung beginnt nach der Honigernte durch den Imker Mitte/Ende Juli, wobei meist mit der Verdunstung durch eine Dosis Ameisensäure gearbeitet wird. Dann folgt eine Nachbehandlung und im Dezember eine letzte Spätbehandlung mit Oxalsäure.
Tatsächlich verdoppelt sich aber jeden Monat die Zahl der Varroamilben ab Brutbeginn (März oder früher). Aus einer Milbe im März können 32 Milben im August werden. Setzt der Imker eine Säurebehandlung im Frühjahr an, kann er den weiter produzierten Honig des Jahres nicht mehr verkaufen – dies erlaubt das Lebensmittelgesetz nicht. Mit Ausnahme eines kleinen Tricks – nämlich der Entnahme der besonders von der Milbe befallenen Drohnenrähmchen – wartet er also ab. Und die Milbe vermehrt sich.
Wimmers Varroa-Controller geht diesem Problem aus dem Weg. Die Hyperthermie schadet der Brut nicht, sie kann also jederzeit, am besten zu Beginn des Bienenjahres zum Einsatz kommen. Jene Bruträhmchen eines Bienenvolkes, die bereits von den Bienen verdeckelt wurden, werden aus dem Stock genommen, die darauf sitzenden Bienen abgekehrt und die Brutwaben in den Varroa-Controller eingehängt. Im Spätsommer empfiehlt sich eine zweite Behandlung.
Gegenüber der herkömmlichen Behandlung ergibt sich eine Mehrarbeit, da jedes einzelne Bruträhmchen dem Stock entnommen werden muss. Dafür garantiert der größere Erfolg im Kampf gegen den „Feind“ ein stärkeres und gesünderes Bienenvolk. Man kann mit der neuen Methode kostengünstig Erfahrung sammeln: Das Gerät wird an zehn Standorten in Österreich tageweise vermietet.
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 18.03.2012)